Amtsgericht Augsburg
Urteil vom 14. Februar 1990
Aktenzeichen: 7 C 6313/89
Normen: § 535 BGB, § 2 MHG
Vergleichswohnungen müssen vom Vermieter so beschrieben werden, daß sie vom Mieter ohne weitere Rückfragen und Erkundigungen identifiziert werden können.
Bei der Begründung des Erhöhungsverlangens
mit Vergleichswohnungen ist grundsätzlich auf dieselbe poltische Gemeinde
abzustellen. Nur wenn vergleichbarer Wohnraum in derselben politischen
Gemeinde nicht vorhanden ist, darf auf vergleichbare, möglichst nahegelegene
Gemeinden zurückgegriffen werden.
Veröffentlichung der Entscheidung: WM 1990, 221.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur einer Erhöhung des Mietzinses für Wohnraum.
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die Wohnung R.-Straße in N. Der Beklagte zahlt seit 01.08.1984 eine unveränderte Grundmiete in Höhe von monatlich DM 603,00.
Mit Schreiben vom 18.07.1989, dem Beklagten zugestellt am 20.07.1989, verlangte die Klägerin die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Grundmiete von DM 603,00 auf DM 753,70 mit Wirkung ab 01.10.1989. Zur Begründung ihres Miethöheverlangens benannte die Klägerin fünf Vergleichswohnungen, von denen zwei in N., drei in Augsburg gelegen sind. Es wurde die jeweilige Anschrift, das Geschoß und die Wohnungs-Nummer angegeben, nicht jedoch der Name des jeweiligen Mieters. Die in N. befindlichen Vergleichswohnungen im Anwesen R.-Straße sind nicht nummeriert.
Mit Schriftsatz vom 11.01.1990 hat die Klägerin im Rechtsstreit eine dritte Vergleichswohnung in N. ebenfalls im Anwesen R.-Staße benannt.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß ihr Erhöhungsverlangen vom 18.07.1989, zumindest in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 11.01.1990 rechtmäßig und rechtswirksam sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Grundmiete für die Wohnung R.-Straße in N., von DM 603,00 auf DM 753,70 zum 01.10.1989 zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Er meint, das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin sei unwirksam. Zum einen habe die Klägerin im Mieterhöhungsverlangen vom 18.07.1989 nur zwei Vergleichsobjekte genannt, die in der gleichen politischen Gemeinde wie die Mietsache lägen. Zum anderen habe sie die zum Vergleich genannten Objekte so ungenau bezeichnet, daß sie nicht ohne weitere Nachfragen vom Beklagten identifiziert werden könnten.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens und zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist unzulässig, da kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorliegt.
Das Mieterhöhungsverlangen vom 18.07.1989 war mangelhaft und entsprach nicht den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 4 MHG. Die Klägerin hat ihr Erhöhungsverlangen mit Vergleichswohnungen begründet. Diese müssen so beschrieben sein, daß sie vom Mieter ohne weitere Rückfragen und Erkundigungen identifiziert werden können (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Auflage, C 103). Diesen Anforderungen wurde das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 18.07.1989 nicht gerecht. Zwar ist nach dem Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs (vgl. WM 1982, 324) die Mitteilung der Mieter im Erhöhungsverlangen nicht in jedem Fall Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Angabe der Wohnungsbenutzer ist jedoch nur dann entbehrlich, wenn die Vergleichswohnungen anderweitig genau beschrieben sind. Bei Vorhandensein mehrerer Wohnungen auf einem Stockwerk muß klargestellt werden, um welche Wohnung es sich handelt. Die Angabe der Wohnungs-Nummer genügt nicht, da unstreitig die Wohnungen im Anwesen R.-Straße nicht nummeriert sind und somit für einen Außenstehenden und auch den Beklagten nicht ohne weiteres festgestellt werden kann, welche Räumlichkeiten gemeint sind. Auch wenn der Beklagte die Wohnung Nr. 2 im VII. Obergeschoß des gleichen Anwesens bewohnt, ergibt sich hieraus nicht zweifelsfrei, daß ihm die Lage der Wohnungen Nr. 4 im III. bzw. V. Obergeschoß bekannt ist.
Das Mieterhöhungsverlangen vom 18.07.1989 war auch deshalb unwirksam, weil nur zwei Vergleichswohnungen in N. benannt waren. Bei der Begründung des Erhöhungsverlangens mit Vergleichswohnungen ist nach herrschender Meinung grundsätzlich auf die selbe politische Gemeinde abzustellen (vgl. Palandt/Putzo, 49. Auflage, Anmerkung 3 b aa zu § 2 MHG; Schmidt-Futterer/Blank, C 103 b; Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, III 687). Nur wenn vergleichbarer Wohnraum in der selben politischen Gemeinde nicht vorhanden ist, darf auf vergleichbare, möglichst nahegelegene Gemeinden zurückgegriffen werden. Hiervon kann jedoch entgegen dem klägerischen Sachvortrag nicht ausgegangen werden. Aus dem Umstand, daß sich die Klägerin vergeblich durch Anschreiben mehrerer Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungseigentumsverwaltungen bemühte, drei vergleichbare Wohnungen in N. zu benennen, geht nicht hervor, daß in N. weiterer vergleichbarer Wohnraum nicht vorhanden ist. Aus den von der Klägerin vorgelegten Anschreiben ergibt sich, daß diese nur nach vergleichbaren Wohnungen forschte, bei denen die von ihr angestrebte Miethöhe oder höherer Mietzins erzielt wird. Ferner hat die Klägerin selbst im Rechtsstreit eine weitere Vergleichswohnung in N. benannt, wodurch offenkundig ist, daß weiterer Vergleichswohnraum vorhanden ist. Allein das Anwesen R.-Straße in N., in dem der Beklagte wohnt und in dem sämtliche genannten Vergleichswohnungen liegen, besteht aus insgesamt dreißig Wohneinheiten. Unabhängig davon ist bei der Größe einer Gemeinde wie N. mit ca. 20.000 Einwohnern davon auszugehen, daß entsprechende Vergleichswohnungen vorhanden sind.
Die Benennung einer weiteren Vergleichswohnung in Neusäß durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.01.1990 im vorliegenden Rechtsstreit führt nicht zur Zulässigkeit der Klage. Grundsätzlich kann der Vermieter gem. § 2 Abs. 3 Satz 2 MHG das Erhöhungsverlangen im Rechtsstreit nachholen, wobei umstritten ist, ob eine Nachbesserung des mangelhaft begründeten Erhöhungsverlangens im Prozeß genügt (vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Blank, C139 c). Dies kann jedoch dahinstehen. Es liegt auch unter Berücksichtigung des klägerischen Schriftsatzes vom 11.01.1990 kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vor, da die Vergleichswohnungen im Erhöhungsverlangen vom 18.07.1989 und auch die mit Schriftsatz vom 11.01.1990 benannte Vergleichswohnung nicht hinreichend bezeichnet sind (vgl. oben). Selbst wenn man diesen Umstand nicht als Mangel ansehen wollte, ist die Klage unzulässig, da die Zustimmungsfrist des Beklagten gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG noch nicht abgelaufen ist. Diese Frist wird nur durch ein wirksames Erhöhungsverlangen in Gang gesetzt. Ein solches lag aber vor dem Schriftsatz vom 11.01.1990 keinesfalls vor. Der Ablauf der Zustimmungsfrist ist Sachurteilsvoraussetzung (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, C 139 i, 123). Das Gericht ist in einem solchen Fall nicht gehindert, die Mieterhöhungsklage durch Prozeßurteil abzuweisen und ist nicht verpflichtet, durch entsprechende Terminierung den Ablauf der Zustimmungsfrist abzuwarten (vgl. Schmidt/Blank, C 139 j, k).
Aus den genannten Gründen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.